DPP-4 Hemmer und Pankreatitis ??!!

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Geigenberger
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DPP-4 Hemmer und Pankreatitis ??!!

Beitrag von Geigenberger »

Hallo,

von einem etwas "überraschenden" Einsatz eines DPP-4 Hemmers (Velmetia 50/1000) möchte ich hier berichten und gleichzeitige fragen, ob andere Kolleg(inn)en schon ähnliche Erfahrungen gemacht haben.

Sooo oft habe ich als Allgemeinarzt ja DPP-4 Hemmer bisher ja nicht eingesetzt, da ich ja ein "Stammklientel" betreue, das ich als gut eingestellt einschätze, weshalb eine Medikamenten-Umstellung ja nicht so oft nötig ist.

Dennoch habe ich am 3.5.2011 einen 66-jährigen Patienten (170 cm 95 kg) wegen unbefriedigender HbA1-Werte umgestellt von der schon langjährigen Gabe von Metformin 1000 1-0-1 auf Velmetia 50/1000 1-0-0. Das Medikament wurde subjektiv gut vertragen. Die BZ-Werte waren bald rückläufig.

Trotzdem bat mich der Patient, dessen Tochter Apothekerin ist, die Pankreas-Werte zu bestimmen. Ich tat dies und war äußerst erstaunt:

Am 6.6. 11 war der Wert für Amylase 149 (28-100) und für Lipase 348(!) (normal < 60)

Velmetia wurde sofort abgesetzt und am 27.6.2011 waren die Werte bereits wieder normal: Amylase: 88 U/L Lipase 59/L.

Voruntersuchungen der Pankreaswerte habe ich zwar nicht, aber der Verlauf beweist in meinen Augen den Zusammenhang mit dem DPP-4 Hemmer eindeutig.

Dem Außendienstmitarbeiter habe ich von diesem Vorfall berichtet, Einen "Bericht über unerwünschte Arzneimittelwirkungen" habe ich ausgefüllt am 11.7.2011.

Mich irritieren nun verschiedene Dinge:

-- Ich habe erst sehr wenige Patienten, die DPP-4 Hemmer einnehmen – und sofort ein "Volltreffer": Zufall????

-- In der Fachinfo wird nur sehr am Rande ("Erfahrungen nach Markteinführung") von der Möglichkeit berichtet, dass Pankreatitiden auftreten können.

-- Angeblich soll ein DPP-4 Hemmer sogar schon einmal gegen eine Konkurrenzfirma juristisch vorgegangen sein, die über eine Häufung von Pankreatitiden berichtet hat.

-- Vor wenigen Tagen bekam ich erneut Besuch von einer (anderen) Außendienstmitarbeiterin der Pharmafirma (Berlin-Chemie), die mir einen Bericht zeigte ("Dipeptidyl-Peptidase-4-Inhibitoren zur Behandlung des Typ-2-Diabetes: ein vergleichender Review" Diabetes, Obesity and Metabolism 13:7-18,2011), in dem dick gelb gemarkert war: "Außerdem wurde die Frage gestellt, ob eine inkretinbasierte Therapie, wie die DPP4-Inhibitoren, das Risiko für eine Pankreatitis erhöhen [66]. Dies scheint nicht der Fall zu sein ..."

-- Genau dieselbe Firma, der ich die Nebenwirkung berichtet habe, informiert mich 4 Wochen später darüber, dass das Thema Pankreatitis in diesem Zusammenhang kein Thema ist. Wie ernst werden eigentlich Meldungen über Nebenwirkungen genommen????

Meine Frage hier an die Community: Haben schon mehr Kolleg(inn)en Lipase-Anstiege beobachtet? Haben Sie das schon 'mal kontrolliert?



A. Geigenberger
Andreas
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Re: DPP-4 Hemmer und Pankreatitis ??!!

Beitrag von Andreas »

Sehr geehrter Herr Geigenberger,

ich habe bereits viele Patienten mit DPP4 Hemmern behandelt und behandle weiter, allerdings bisher keinen einzigen Fall darunter mit Pankreatitis. Ihr Beitrag hat mich aber neugierig gemacht und ich werde in Zukunft wohl noch genauer hingucken.
Hatte ihr Patient denn irgendwelche Symptome passend zu den erhöhten Lipasewerten?
freundliche Grüsse
Andreas
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Geigenberger
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Re: DPP-4 Hemmer und Pankreatitis ??!!

Beitrag von Geigenberger »

Hallo Andreas,

.... nein, der Patient hatte keinerlei Symptome. Es war eine reine 'Zufallsentdeckung', da die Tochter des Patienten Apothekerin ist und von irgendwoher wußte, dass wohl Pankreatitiden unter den DPP4 Hemmern auftreten können. Deshalb bat mich der Patient um die Kontrolle der Pankreswerte. ... und siehe da...

Mag wirklich ein merkwürdiger Zufall gewesen sein. Aber überrascht hat mich das sehr.

Viele Grüße
A. Geigenberger
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