Wahnfried
Kopie aus Thread "TurboMed - Eingabe von Diagnosen in 1/11":
Re: Eingabe von Diagnosen seit 1/11
Beitrag von Roland_Colberg » 13.01.2011, 0:01
...
BTW: die Formulierung, wir könnten bis zum 30.6.11 noch "sanktionsfrei" fehlerhaft kodieren, impliziert anschließend Sanktionen bei Fehlern. Hat hier jemand einen Schimmer
was für Sanktionen
bei welchen Fehlern
die wie und
von wem erkannt werden wollen
drohen? Und bei wem ich die ca. 837 Fragen, die bei mir beim Lesen der Kodierrichtlinien offen geblieben sind, beantwortet bekomme?
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Re: Eingabe von Diagnosen seit 1/11
Beitrag von Jochen Dohse » 13.01.2011, 0:37
Wir sind aufgefordert die Morbität unserer Patienten in Codes abzubilden.
ZB nicht einfach Diabetes mellitus und getrennt Z.n. Nach Amputation sondern komplizerter Diabetes mellitus und Amputation bei Diabetes mellitus. Danach werden wir dann bezahlt, je mehr komplizerte Fälle, desto mehr Geld. Toll was, wie in der Karikaturensendung irgendwo im Fersehen.
Was ist wenn der Patient nun auch noch ein starker Raucher ist?
Lassen Sie mal eine Kassenabrechnung durchlaufen und selbst wenn Sie alle Fehler der Turbomed-Fehlerliste korrigiert haben vom Prüfmodul "durcharbeiten". Selbst wenn die Datei verschlüsselt werden kann, sollten Sie sich die Fehlerliste des Prüfmoduls ansehen. Diese enthält dann die Fehler, die spätestens ab Sommer dazu führen, dass Sie für diese Patienten kein Geld bekommen, denn die haben ja keine "vernünftigen Diagnosen". Nun werden Ihnen auf der Fehlerliste des Prüfmoduls nur immer eine Seite mit Fehlern angezeigt, obwohl mehr Kodierfehler bestehen. Ich habe bei knapp 600 Scheinen die Kassenabrechnung zehn mal durchlaufen lassen müßen, um alle Fehler zu korrigieren und ich habe es mir bisher sehr einfach gemacht, in dem ich zum Beispiel "Herzinsuff bei Hypertonie" gelöscht und einfach durch "Herzinsuff" ersetzt habe.
Das ist auf die Dauer aber nicht sinnvoll, denn wie oben gesagt, nur für kranke Patienten soll es später mal Geld geben.
Wird Deutschland gesünder wenn wir die Morbidität so abbilden?
Viele Grüße aus Sarstedt
Es regnet wieder seit dem Abend
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Re: Eingabe von Diagnosen seit 1/11
Beitrag von Roland_Colberg » 13.01.2011, 0:52
Aber genau so wird es doch laufen! Meinen Sie, wir Hausärzte hätten die Zeit, die ganzen multimorbiden Patienten korrekt zu kodieren? Also: alle Dauerdiagnosen rausnehmen und bei jedem Patienten nur eine sichere Diagnose abrechnen, z.B. I10.90G oder sowas. Alles andere sind dann halt nur noch Verdachtsdiagnosen, und die zählen ja eh nicht...
Das Argument mit dem Geld wird nur ziehen, wenn es sich auf den einzelnen Arzt auswirkt. Dann wird sich allerdings jeder hinsetzen und tagelang die Kodierung "optimieren". Deutschland würde ganz schön krank werden.
Wenn das nur über die kollektive Vergütung läuft, wird das in die Hose gehen. Dann wird Deutschland gesund.
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Re: Eingabe von Diagnosen seit 1/11
Beitrag von Geigenberger » 13.01.2011, 1:17
(Sehr) kleiner Lichtblick: Auch die Krankenkassen werden aus einem gemeinsamen Topf nur dann Geld bekommen, wenn wir "richtig" (!) kodieren. (sh. DRG in Krankenhäusern)
Wir bestimmen also zukünftig, welche Krankenkasse wieviel Geld bekommt
A. Geigenberger
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Re: Eingabe von Diagnosen seit 1/11
Beitrag von Roland_Colberg » 13.01.2011, 13:12
Aber für die Kassen ist das nach meinem Verständnis ein Nullsummenspiel, da geht es doch nur um den RSA. Die Gesamteinnahmen aller Kassen bleiben davon unberührt, oder bin ich da falsch informiert?Geigenberger hat geschrieben:(Sehr) kleiner Lichtblick: Auch die Krankenkassen werden aus einem gemeinsamen Topf nur dann Geld bekommen, wenn wir "richtig" (!) kodieren. (sh. DRG in Krankenhäusern)
Wir bestimmen also zukünftig, welche Krankenkasse wieviel Geld bekommt
A. Geigenberger
Für uns Hausärzte gehts dagegen schon um einiges: kodieren wir alle zusammengenommen schlecht, indem wir z.B. solange Diagnosen herausstreichen, bis die Abrechnung "durchläuft" (und so werden das 95% der Kollegen bzw. deren Helferinnen machen), dann wird erheblich weniger Geld in den hausärztlichen Honorartopf fließen.
Der einzelne Hausarzt wird für sich folgendermaßen rechnen:
- Wenn ich Patient XY vollständig und korrekt kodiere, bringt das vielleicht € 50 mehr in den Honorartopf (optimistisch geschätzt).
Dafür brauche ich ca. 2 Minuten (optimistisch geschätzt, ohne Einarbeitungsphase, Vorbereitungskurse etc.).
Von den € 50 kommen bei mir 0,5 Cent an (50 € dividiert durch ca. 10000 Hausärzte in Bayern).
Macht einen Stundensatz von € 0,30.
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Re: AKR-Grundsätzliches
Beitrag von wahnfried » 13.01.2011, 15:30
Ganz richtig, aber die Kassen werden uns verfluchen, wenn wir ihnen nicht die Möglichkeit zur Bedienung aus dem RSA-Topf ermöglichen!! selbst viel geringere "Schäden", die wir angeblich verursachen, führen doch regelmäßig zu echten Arbeitswut-Anfällen der dortigen Verwaltungen...Roland_Colberg"]Aber für die Kassen ist das nach meinem Verständnis ein Nullsummenspiel, da geht es doch nur um den RSA. Die Gesamteinnahmen aller Kassen bleiben davon unberührt, oder bin ich da falsch informiert?Geigenberger hat geschrieben:(Sehr) kleiner Lichtblick: Auch die Krankenkassen werden aus einem gemeinsamen Topf nur dann Geld bekommen, wenn wir "richtig" (!) kodieren. (sh. DRG in Krankenhäusern)
Wir bestimmen also zukünftig, welche Krankenkasse wieviel Geld bekommt
A. Geigenberger
Das finde ich illusionär-optimistisch..., schließlich haben Sie selbst "multimorbide" Verhältnisse angedeutet...Roland_Colberg hat geschrieben: hat geschrieben:Für uns Hausärzte gehts dagegen schon um einiges: kodieren wir alle zusammengenommen schlecht, indem wir z.B. solange Diagnosen herausstreichen, bis die Abrechnung "durchläuft" (und so werden das 95% der Kollegen bzw. deren Helferinnen machen), dann wird erheblich weniger Geld in den hausärztlichen Honorartopf fließen.
Der einzelne Hausarzt wird für sich folgendermaßen rechnen:
- Wenn ich Patient XY vollständig und korrekt kodiere, bringt das vielleicht € 50 mehr in den Honorartopf (optimistisch geschätzt).
Dafür brauche ich ca. 2 Minuten (optimistisch geschätzt, ohne Einarbeitungsphase, Vorbereitungskurse etc.).
Glauben Sie wirklich, daß von diesem Geld bei uns etwas ankommt?? Es wird uns wieder mal höchstens etwas abgezogen (genügend Luft ist ja angeblich im System drin - aber denken Sie mal: wie die Politik dienern wird, wenn die Klinikkonzerne meinen, das hungere sie aus...), denn die Verwaltungsmaschinerien der institutionalisierten MVZ werden das optimal abschöpfen... Übrigens erhöht sich der Einnahmebereich der Kranken Kasse bei Kodierung in ihrem Sinne um hunderte bis tausende von Euronen!!, dagegen kann der zu erwartende Zustrom im Honorartopf m.E. vernachlässigt werden.Roland_Colberg hat geschrieben:An dieser Stelle höre ich einfach mal mit dem Rechnen auf....
- Von den € 50 kommen bei mir 0,5 Cent an (50 € dividiert durch ca. 10000 Hausärzte in Bayern).
Macht einen Stundensatz von € 0,30.
unkt Wahnfried
@ Geigenberger:
Lieber Admin, Ihre "Lichtblick"-Überlegung finde ich regelrecht problematisch, denn wir können das System keinesfalls steuern: dazu müßten wir es mindestens überblicken, eigentlich aber solidarisch gemeinsam ohne offizielle Vorgabe handhaben. Das ist doch nie realisierbar... (MIT offizieller Vorgabe würde es juristisch problematisch!).
Sollten wir uns überheben, eine Kasse "bestrafen" zu wollen, "belohnen" wir dafür die Anderen, aber sind die denn besser? Hat die (mir unverständliche) Parteinahme für eine politische Partei vor der letzten BTW und deren rascher Umschwung danach nicht beeindruckt? Dasselbe Prinzip gilt doch auch hier: Auch bei den "anderen" Kranken Kassen geht es doch um die Größe des Stückes vom Kuchen, nur daß diese auf der Einnahmenseite viel mehr jonglieren können als wir. Wenn dieses Stück nicht stimmt, werden die "anderen" Kassen uns beizeiten genauso in die Mangel nehmen, immer schön abwechselnd...
Außerdem: Für eine solche "Bestrafung" gibt es sicherlich beste Verhinderungsmöglichkeiten, wie z.B. Vorstellung eines Patienten mit nicht-kongruenten Diagnosen zwischen HA und FÄ durch die Kasse beim MDK (falls die eigene Kodierabteilung nicht reicht) und ein Urteil "HA hat falsch kodiert" kann dann regelrecht zu Geld gemacht werden - zu wessen Lasten, kann sich Jeder denken.
Und wenn das System juristisch nicht anfechtbar austariert ist, braucht es die nächste - natürlich von uns kostenneutral zu leistenden - Überwachungs-Steuerungs-Verteiler-Methode.
Deswegen bin ich der Auffassung, daß dieser Bürokratie-Wahnsinn nur mit passivem Widerstand begleitet werden kann, was für mich heißt, daß ich die AKR nicht aktiviere, solange es eben geht - und danach keine/kaum_eine Dauerdiagnose auf "immer abrechnungsrelevant" stelle (eher die, die man sonst "vergißt" wie 'Vorhandensein eines/einer...'), sondern nach Möglichkeit wie bisher die für mich relevanten DD in die Abrechnungsdiagnosen kopiere. Dürfte genauso viel Zeit brauchen, wie die Entscheidung, welche noch nicht regelmäßig abrechnungsrelevante (und deswegen ja bereits übertragungs-markierte) DD jetzt doch noch dazu angeklickt werden muß. Sollen die Kassen ruhig sehen, daß ich zwar Abrechnungsdiagnosen übertrage, aber kaum Dauerdiagnosen, daraus kann man Niemandem einen Strick drehen. Dadurch bin ich auch noch freier, die Ausschluß- und Verdachts-Diagnosen in den DD stehen zu lassen, da das Wegklicken dieser (hoffentlich mal deaktivierbaren...) Fehlermeldung zur Routine wird.
Ich kopiere mal diese letzten - mehr berufspolitischen - Beiträge in einen Thread "AKR-Kodierrichtlinien"... im Unterforum "Arztpraxis (allgemein)"...
Grüsse nicht nur an die Wachen, Wahnfried